AMK-Beschlüsse: Ein Schritt in die richtige Richtung?

Am Freitag, den 26.03.2021 hat sich die Agrarministerkonferenz (AMK) und das BMEL auf wichtige Eckpunkte für die GAP-Reform und Grundzüge für die finanzielle Ausgestaltung geeinigt. Im folgenden Beitrag werde ich eine kurze, vorläufige Bewertung vornehmen, die im Wesentlichen auf den letzten Blogpost vom 19.03.2021 aufbaut. Grundsätzlich sind die Beschlüsse ambitionierter als noch Mitte März erwartet und die finanziellen Beschlüsse ermöglichen unter Umständen eine bessere Ausgestaltung der GAP im Hinblick auf Umweltziele. Allerdings stehen immer noch wichtige Details nicht fest und auch die Prämienhöhe für einzelne Maßnahmen, die vor allem im Hinblick auf die Effizienz entscheidend sein kann, wurde nicht festgelegt, sondern wird von einer Arbeitsgruppe ausgearbeitet, in der das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und die Länder zusammenarbeiten. Insofern steht die Türe für eine ambitioniertere GAP offen, aber BMEL und Länder müssen noch hindurchgehen.

1. Konditionalität

Die AMK hat zur Konditionalität und zu den Kriterien des „Guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands (GLÖZ)“ nur am Rand einige Festlegungen getroffen. Bei GLÖZ 1 wurde festgelegt, dass eine Fläche ihren Grünlandstatus aus dem Referenzjahr 2015 behält. Praktisch bedeutet das, dass ein Betrieb eine Fläche, die er für Brache oder Feldfutter nutzt, nicht mehr automatisch alle fünf Jahre umpflügen muss, damit eine Fläche ihren Ackerstatus behält. Die Wissenschaft hatte diese Regelung bereits seit längerem gefordert, insofern ist dieser Beschluss positiv zu bewerten.

GLÖZ 9 legt den Mindestanteil fest, den ein Betrieb für nicht-produktive Flächen vorsehen muss. Hier hat die AMK festgelegt, dass man 1:1 die Mindestvorgaben aus dem Trilog übernimmt. Aus europäischer Sicht und im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit erscheint diese Einheitlichkeit auf den ersten Blick wünschenswert. Allerdings wurde im Zuge des Reformprozesses immer wieder diskutiert a) auf welche Fläche sich dieses Kriterium bezieht, b) ob es drei, fünf oder mehr Prozent der Fläche sein sollen und was c) als nicht-produktive Fläche zu verstehen ist. Es wurde gefordert, dass v.a. Brache, Blühstreifen und Landschaftselemente als solche Flächen zu verstehen sei. Allerdings haben sowohl der Rat als auch das Parlament die Konditionalität weitgehend verwässert (Siehe Blogpost vom 22.10.2020) und an vielen Stellen GLÖZ 9 ähnlich dem Greening, d.h. mit Zwischenfrüchten und Leguminosen ausgestattet. Insofern müsste sich beim Trilog einiges tun, damit die Konditionalität anspruchsvoll ausgestaltet wird. Und dann ist der Vorschlag der AMK weitgehend ambitionslos. 

Zu andere GLÖZ-Kriterien hat die AMK keine Beschlüsse getroffen. Der Schutz von Mooren und Feuchtflächen (GLÖZ 2) oder der Schutz von FFH-Grünland (GLÖZ 10) können vom BMEL gestaltet werden, hier kommt es auf die Details an und die können zu effektiven ordnungsrechtlichen Grundlagen führen, oder auch nicht. Auch hier ist die Diskussion noch nicht am Ende.

2. Eco-Schemes

Bereits im letzten Blogbeitrag vom 19. März 2021 wurden Maßnahmen für Eco-Schemes beschrieben, die jetzt weitgehend von der AMK beschlossen wurde: 

(1) Freiwillige Aufstockung der nicht-produktiven Fläche gemäß Konditionalität (Brache und Landschaftselemente) (GLÖZ 9)
(2) Anlage von Blühflächen und -streifen auf Ackerland und Dauerkulturflächen (Zwischenzeilen- und Randbegrünung)
(3) Agroforstsysteme auf Ackerland
(4) Vielfältige Kulturen im Ackerbau, inkl. Mindestanteil 10 % Leguminosen und mindestens fünf Hauptfruchtarten
(5) Die Anlage von Altgrasstreifen und -inseln auf Dauergrünland

Quelle: Beschluss der AMK vom 26.03.2021

Die Maßnahmen sind in der Grundtendenz sinnvoll, allerdings sind hier die Details wichtig, die noch ausgearbeitet werden müssen. Des Weiteren kommt es auf die Abstimmung mit den Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) in der 2.Säule an. Und die Prämien für diese Maßnahmen können darüber entscheiden, ob Landwirt*innen hier eine sinnvolle Umsetzung (etwa durch eine intelligente Kombination von Eco-Schemes und AUKM) wählen, oder ob aufgrund von hohen Mitnahmeeffekten und bei einer geringen Teilnahme an AUKM eine geringe Effizienz und Effektivität erreicht wird.

Finanziell hat man sich auf 25% der Direktzahlungen für Eco-Schemes geeinigt, was ambitionierter war, als ursprünglich erwartet war. Allerdings hat der Trilogie in Brüssel noch nicht festgelegt, ob 20% oder 30% für Eco-Schemes ausgegeben werden müssen. Dies deutet ggf. darauf hin, dass das BMEL mit einer wenig ambitionierten Vorgabe aus Brüssel (d.h. 20%) rechnet. Aus EU-Perspektive und aus Sicht der Wettbewerbsgleichheit im EU-Binnenmarkt sind das keine guten Vorzeichen.

Die AMK hat sich auch auf eine zweijährige Übergangsfrist geeinigt, was jedoch dazu führen kann, dass 2023 und 2024 etwas weniger für Eco-Schemes ausgegeben werden. Die AMK hat sich auch darauf geeinigt, dass man unter Umständen Ausgaben für AUKM in der 2.Säule auf diese Ausgaben-Verpflichtungen für Eco-Schemes anrechnen wird. Dies erscheint aus technischen Gründen sogar sinnvoll. 

3. Zur inhaltlichen Ausgestaltung der Eco-Schemes

Insgesamt stellt sich die Frage, wie sehr wissenschaftliche Vorschläge in der Ausgestaltung der GAP nach 2020 berücksichtigt wurden und inwieweit man die inhaltlichen Vorschläge zu den Eco-Schemes ggf. verbessern kann. Von Oktober bis Dezember 2020 fanden in 13 EU-Mitgliedsstaaten interdisziplinäre Workshops statt, an denen > 300 Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen (hauptsächlich aus der Agrarökologie, den Umweltwissenschaften, der Agrarökonomie und der Agrarpolitik).

Auf den Workshops wurde diskutiert, wie man aus Biodiversitätssicht die Grüne Architektur günstig ausgestalten kann. Es wurden vier Fragen diskutiert.

1) der Gesamtentwurf der Grünen Architektur

2) Die Ausgestaltung der Eco-Schemes (Design und Umsetzung)

3) Zielsetzung und Monitoring

4) Indikatoren für die GAP 2021-2027

Der erste vorläufige Bericht wurde vorletzte Woche bei iDiv veröffentlicht (Pe’er, Birkenstock, Lakner & Röder 2021). Die Workshops kamen sehr grob zu folgenden Schlüsselprinzipien für den Erfolg:

1) Zentral sind Landschaftselemente und naturnahe Flächen (einschl. Grünland) 

2) Diversität und Multifunktionalität sollten ein Hauptziel sein

3) Räumliche Planung in Zielsetzung und Umsetzung

4) Das „no-backsliding-principle“, d.h. kein Rückgang der Umweltambition in der aktuellen Förderperiode.

5) Forderung einer klaren Interventionslogik von den MS

– High Nature Value Farmlands (HNVFs) sollte in Konditionalität, Eco-Schemes und AUKM integriert werden. 

– Extensiv genutztes Grünland dient sowohl der Biodiversität als auch dem Klima.

Quelle: Pe’er, Birkenstock, Lakner & Röder 2021

Betrachtet man die inhaltlichen Beschlüsse der AMK, so zeigt sich, dass vor allem der erste Punkt an einigen Stellen eingehalten wird. Aber hier kommt es auf GAEC 9 an, damit tatsächlich Landschaftselemente und Brachen dominieren. Räumliche Planung spielt bisher kaum eine Rolle. Das no-backsliding-principle muss nach den finalen Beschlüssen untersucht werden. Auch für die Bewertung einer klaren Interventionslogik fehlen die Anhaltspunkte. Und inwieweit High Nature Value Farmland HNVF und extensiv genutztes Grünland gut gefördert werden, hängt eben von den konkreten Maßnahmen und Prämien ab, insofern kann man auch dies nicht beurteilen. Gleichzeitig können die Empfehlungen der Wissenschaftler noch Berücksichtigung bei der Programmierung finden.

4. Umschichtung II. Säule

Bei der Umschichtung in die II. Säule hat sich die AMK tatsächlich auf deutlich höhere Prozentsätze geeinigt. Die finanzielle Ausgestaltung der GAP nach 2020, und hier v.a. die leicht niedrigeren Mittel für den Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung Ländlicher Räume (ELER) machen dies eigentlich erforderlich (vgl. Blogbeitrag vom 19.03.) und offenbar hat die AMK hieraus die richtigen Schlüsse gezogen. Die Umschichtung beginnt 2023 mit 10% und erhöht sich über mehrere Schritte auf 15% 2026. Zwischen 2023 und 2027 werden im Durchschnitt 12,7% der Direktzahlungen in die 2.Säule umgeschichtet und stehen dort für eine Reihe von Maßnahmen zur Verfügung:

2021/222023202420252026/27Durchschnitt2023-2027
6%10%11%12,515%12,7%

Die Umschichtungsmittel kommen ko-finanzierungsfrei und die AMK gibt verschiedene mögliche Zwecke für die Umschichtungsmittel in die II. Säule an: 

Nachhaltige Landwirtschaft, ins. Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen

die Stärkung tiergerechter Haltung und des Tierwohls

Maßnahmen zum Schutz der Ressource Wasser

Förderung des ökologischen Landbaus und 

die Ausgleichzulagen in den von der Natur benachteiligten Gebieten

Quelle: AMK Beschlüsse vom 26.03.2021

In dieser Liste ist die Betonung des Tierwohls neu, ansonsten wurde diese Zweckbindung bereits in der letzten Förderperiode 2014-2020 angewendet. Die meisten Aufgaben sind aus umweltpolitischer Sicht sinnvoll und wichtig und können für zielgerichtete Maßnahmen für Biodiversität, Klimamaßnahmen oder den Ausbau des Ökolandbaus verwendet werden. Die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete ist hierbei kritisch zu betrachteten, da sie in der Regel nicht auf Umweltziele ausgerichtet ist. Dies könnte man Mindestanforderungen gestalten, aber bisher gehen von diesen Zahlungen keine ursächlichen Umweltwirkungen aus. 

Insgesamt stellt sich die Frage, wie die Mittelverwendung der Umschichtungsmittel ist. Wenn ein großer Anteil für Tierwohl oder die Ausgleichszulage verwendet wird, stehen dürften die so gewonnenen Mittel schnell ausgegeben sein. Insofern eröffnet die Umschichtung Möglichkeiten, aber auch hier kommt es wieder auf die Inhalte an. Die Inhalte werden im Rahmen der Programme Ländlicher Räume festgelegt, die erst im Lauf diesen und nächsten Jahres programmiert und bei der EU zur Notifizierung vorgelegt werden.

5. Gekoppelte Zahlungen für Weideprämie

Für Mutterkühe (60 EUR/ha) und für Schafe (30 EUR/ha) wird eine gekoppelte Zahlung eingeführt. Deutschland setzt das Instrument der gekoppelten Zahlungen an, nachdem es 2014-2020 keine solche Zahlungen gab. Grundsätzlich kann eine solche Zahlungen aus umweltpolitischer sinnvoll sein, da Mutterkühe und Schafe häufig Naturschutzflächen beweiden und diese Haltungsform wirtschaftlich schwierig ist. 

Der Betriebstyp der Halter von Schafen und Mutterkühen wird als sog. „sonstigen Futterbaubetriebe“ bezeichnet. Diese Betriebsform erzielte 2017/18 mit durchschnittlich 41.447 €/Unternehmen einen niedrigeren Gewinn als alle anderen Betriebsformen (Agrarbericht 2019: 77). Es bleibt abzuwarten, ob diese Prämie tatsächlich auch mit Umweltkriterien verknüpft werden. Die AMK hat auch festgelegt, dass es diese Prämie nur für reine Mutterkuh-Betriebe gibt, die nicht gleichzeitig Milchkühe halten. Dies erscheint strukturpolitisch zwar sinnvoll, könnte jedoch den Prozess der Betriebsteilungen (sofern er nicht bereits beendet ist) nochmal final antreiben. 

6. Umverteilung: Die erste Hektare

Für die ersten 60 Hektar werden 12% der Direktzahlungen aufgewendet. 2014-2020 waren es 6,9% und wurden für die ersten 46 Hektar gezahlt. In diesem Punkt bauen Bund und Länder die Förderung der ersten Hektare deutlich aus, die höhere Grenze von 60 Hektar ist dem Strukturwandel geschuldet. Eine Kappung und Degression werden nicht angewendet. Alle drei Umverteilungsmaßnahmen werden aus strukturpolitischer Sicht kritisiert. Kleine Betriebe sind weder besonders umweltfreundlich, noch ist erwiesen, ob kleine Betriebe per se sozial benachteiligt sind. Die Größe nach Hektar sagt wenig über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Betriebes aus. Die folgende Tabelle zeigt die Gewinne und die möglichen Umverteilungseffekte der wichtigsten landwirtschaftlichen Betriebstypen in Deutschland im Wirtschaftsjahr 2017/18: 

Wenn man die Zahlen oben für die Ableitung der Prämien verwendet, so ergibt sich für die Jahre 2023-2027 im Durchschnitt eine Basisprämie von 152,54 €/ha und für die ersten Hektare eine Prämie von 31,02 €/ha. Die vorliegende Berechnung ist eine grobe Überschlagsrechnung und geht daher vereinfachend von einer Basisprämie von 150 €/ha und von Zahlungen für die ersten Hektare von 30 €/ha aus. Berechnet man beides zusammen, ergibt sich die Zeile Direktzahlung ohne Umschichtung. Wenn man dagegen die ersten 60 ha mit einer Prämie von 30 €/ha versieht, zeigt sich ein Umverteilungseffekt. 

Ein Umverteilungseffekt findet zwischen verschiedenen Betriebstypen statt. Die Veredelungsbetriebe, die im Durchschnitt einerseits kleiner und andererseits höhere Gewinne je AK erzielen, haben deutlich geringere Verluste durch die ersten Hektare. Es verlieren v.a. die Ackerbaubetriebe, die jedoch vergleichsweise leistungsfähig sind. Des Weiteren verlieren die sonstigen Futterbaubetriebe (Mutterkühe…) und die Gemischtbetriebe, die im Durchschnitt größer sind und nur 30.000 Gewinn je AK erzielen. Die Berechnung ist eine grobe Durchschnittsbetrachtung über das gesamte Bundesgebiet, insofern bildet das die Umverteilungseffekte nur sehr grob ab, zeigt aber das Prinzip: Es verlieren flächenstarke Betriebe (Ost-Betriebe, Futterbaubetriebe), während Betriebe mit geringer Flächenausstattung (Veredelung, Ackerbau, Gemischtbetriebe und Milchviehbetriebe in Süddeutschland) und höherer Leistungsfähigkeit gewinnen. Diese Umverteilungseffekte lassen sich nicht mit der Leistungsfähigkeit in Übereinstimmung bringen. 

Ein weiterer Umverteilungseffekt findet zwischen Osten und Westen statt. Betriebe in Ostdeutschland, größere Betriebe, die zwar einerseits von Größeneffekten (economies of scale) profitieren. Allerdings erscheint es etwas gewagt, 12% der I. Säule für die ersten Hektare zum Ausgleich für Skaleneffekte zur Verfügung zu stellen. 

Andererseits sind große Betriebe in den ländlichen Regionen in Ostdeutschland häufig die einzigen Arbeitgeber, so dass Kürzungen hier ggf. auch Arbeitsplätze gefährden. Für kleine Betriebe reichen die Zahlungen für die ersten Hektare jedoch kaum, um die eigene Situation am Pachtmarkt zu verbessen. Insofern wirkt diese Zahlung zwar strukturkonservierend, eröffnet für kleine Betriebe jedoch keine Perspektiven (vgl. Balmann u. Sahrbacher 2014).

Betriebe in Ostdeutschland haben häufig einen geringeren Eigentumsanteil: Im Durchschnitt liegt die Pachtanteil im Osten bei 67,5%, im Westen dagegen nur bei 54% (Abbildung).

Weil Direktzahlungen über die Pachtverträge mindestens teilweise an Landeigentümer weitergereicht werden, profitieren Betriebe im Osten weniger von den Direktzahlungen und verlieren gleichzeitig stärker durch die ersten Hektare. Auch für diese Umverteilung gibt es seitens der Agrarpolitik keine klare Zielformulierung und verteilungspolitisch könnte man zu völlig anderen Schlussfolgerungen kommen.

Bedenklich ist vor allem, dass große Mutterkuh- und Schafbetriebe von der Umverteilung benachteiligt sind. Diese für den Naturschutz wichtigen Betriebe verlieren durch die ersten Hektare und werden im nächsten Schritt durch die gekoppelte Prämie kompensiert. Vermutlich fällt die Tierprämie (je nach Gestaltung und Obergrenze) meist höher aus, gleichwohl zeigt dies, welche Manöver notwendig sind, um die Fehlsteuerung der ersten Hektare auszugleichen. Es wird nicht auf individuelle oder gruppenspezifische Bedürftigkeit abgestellt und hierdurch entstehen regelmäßig Fehlsteuerungen. Die Direktzahlungen sind kein sinnvolles Instrument des Einkommensausgleichs.

Insgesamt zeigen die wenigen, recht groben Überlegungen, dass durch die Umverteilungsmaßnahmen eigentlich keine substanzielle Verbesserung der Direktzahlungen erreicht werden. Die ökonomische Bedürftigkeit eines Betriebes korreliert nicht notwendigerweise mit der Größe nach Hektar, sondern hängt von individuellen Umständen ab. Es ist insgesamt viel sinnvoller, Einkommenspolitiken auf der Haushaltsebene durchzuführen, aber in diese Richtung gibt es bisher keine Überlegungen und es liegen kaum Daten von landwirtschaftlichen haushalten vor, die für die Ausgestaltung einer solchen Politik Anhaltspunkte geben würde. Insofern kommt man immer wieder zur gleichen Schlussfolgerung: 1) Ziele sinnvoll begründen und mit Zahlen belegen und 2) Direktzahlungen abschaffen oder in ein sinnvolleres Instrument der Einkommensstützung überführen. 

Die Beschlüsse der AMK zur Einkommenspolitik sind jedoch (anders als bei der Umweltpolitik) nicht geeignet, um die Defizite der bisherigen Politik zu korrigieren. Und auf dieses Thema haben alle Landesminister und Agrarpolitiker aller Parteien bisher keine überzeugende Antwort.

7. Finanzielle Beschlüsse

Es zeigt sich, dass im besten Fall in den Jahren 2023-27 in ähnlichem Maße finanziellen Ressourcen für Umweltmaßnahmen bereitgestellt werden wie 2018. Wie in meinem letzten Post oder in einer Studie für Greenpeace sah es auch lange nicht so aus. Geht man davon aus, dass die verschobenen Mittel für Agrarumweltmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden und die Bundesländer entsprechend Maßnahmen programmieren, dann stehen etwa 2.14 Mrd. EUR jährlich für Umweltmaßnahmen in der GAP zur Verfügung. Allerdings steht im AMK-Beschluss, dass die Mittel, die in die II. Säule verschoben werden, auch für Tierwohl und Zahlungen für benachteiligte Gebiete genutzt werden. Nimmt man vorsichtig an, dass zumindest 10% der II. Säule für Zahlungen für benachteiligte Gebiete aus diesen Mitteln genutzt werden, so stehen 2,0 Mrd. EUR für Umweltausgaben zur Verfügung (Abbildung).

Dieses Ergebnis fällt immer noch günstiger aus als die meisten bisher angenommen Szenarien. Lediglich die zwei optimistischen Szenarien von Parlament und Rat sehen in ähnlichem Maße Gelder für Umweltmaßnahmen vor, aber nur im ambitionierten Ratsszenario steht so viel Geld für die anspruchsvollen Agrarumweltmaßnahmen zur Verfügung. Insofern kann man diese Beschlüsse umweltpolitisch als Schritt in die richtige Richtung bezeichnen. 

Ein Nebeneffekt der ansteigenden Umschichtung ab 2023 besteht darin, dass die Mittel für Direktzahlungen schrittweise abgebaut wird. Die folgende Abbildung zeigt das Schrittweise absenken der Basisprämie, die zunächst 2023 noch bei 150 EUR/ha liegt, dann jedoch auf 135 EUR/ha absinkt. Dieser Übergang erscheint sinnvoll, weil hiermit ein Entwicklungspfad beschrieben wird und Betriebe sich über mehrere Jahre auf die Veränderungen einstellen können. 

Im ersten Jahr der GAP-Umsetzung, 2023 werden noch etwa 61% für Basisprämie und Umverteilung verwendet, das geht jedoch bis 2027 auf 56% zurück. Wenn man unterstellt, dass die Kleinerzeugerregelung und die Junglandwirte-Prämie gesellschaftliche Ziele sind (worüber man auch diskutieren kann…), dann werden bis Ende der nächsten Förderperiode fast 44% der Zahlungen an gesellschaftlichen Zielen orientiert. Allerdings wurden die Schwachpunkte bereits benannt (Zahlungen für benachteiligte Gebiete). Auch die Junglandwirte-Prämie erscheint bisher wenig reflektiert, weil eigentlich bei Betriebsübernahme eher Investitionsprojekte anstehen, statt einer (eher niedrigen) Flächenzahlung. Insofern wäre es sinnvoll, auch bei dieser Maßnahme über andere Instrumente und Methoden zu diskutieren.

8. Offene Punkte

Insgesamt deuten die Beschlüsse der AMK in die richtige Richtung. Aber keine der Maßnahmen ist bereits so ausgearbeitet, dass man eine finale Bewertung abgeben kann. 

  • Konditionalität: Wie oben skizziert wird die Konditionalität noch ausgearbeitet und die AMK und das BMEL werden sich (blind?) die Beschlüsse des Trilogs zu eigen machen. Aus wettbewerbspolitischer Sicht mag dies vernünftig erscheine, da für alle Mitgliedsstaaten gleiches Recht gilt. Andererseits können einheitliche Klauseln in den Mitgliedsstaaten unterschiedlich interpretiert werden. So werden Moore und Feuchtgrünland in einigen Bundesländern (z.B. Bayern) als Grünland eingeordnet, so dass Betriebe hier Direktzahlungen empfangen, während andere Bundesländer solche Flächen nicht als Grünland definieren und der Moorschutz schon daran scheitert, dass es keine Direktzahlungen gibt. Diese Heterogenität dürfte sich auch zwischen den Mitgliedsstaaten entstehen, insofern überzeugt der AMK-Beschluss nicht. Und andererseits hängt von der Ausgestaltung der Konditionalität einiges ab. 
  • Die Details für Maßnahmen der Eco-Schemes sind noch nicht ausgehandelt. Die Wirksamkeit einer Fruchtfolgeförderung hängt davon ab, welche Früchte mit welchem Anteil vorgeschrieben sind. Hierzu sagt der AMK-Beschluss nichts, auch bei anderen Maßnahmen müssen die Details noch ausgearbeitet werden. Die Gratwanderung verläuft zwischen Maßnahmen, die einerseits hinreichend einfach sind, damit viele Landwirt*innen daran teilenehmen und ausreichend spezifisch, damit von ihnen eine Wirkung ausgeht. Diese Balance zu finden wird Aufgabe des BMEL sein, hiervon hängt die Effektivität ab.
  • Die Prämien für die Eco-Schemes liegen nicht fest. Auch hier hängt viel davon ab, ob die Eco-Schemes Steuermittel effizient nutzen. Es wurde mehrfach gefordert, dass Agrarumweltmaßnahmen eine Einkommenskomponente enthalten sollen. Die erste Frage wird sein, ob so eine Komponente systematisch in beiden Säulen angewendet wird, oder nur in den Eco-Schemes (wovon abzuraten ist). Die zweite Frage, die seit Jahren diskutiert wird, beschäftigt sich mit dem Thema der WTO-Kriterien: Wenn Agrarumweltmaßnahmen „green-box-fähig“ sein sollen, so dürfen sie nicht an die Produktion gebunden sein. Dies ist jedoch bei bestimmten Maßnahmen schlicht erforderlich. Die EU-Kommission hat diese Vorgabe gesetzt, ohne dabei zu bedenken, dass die die Förderung bestimmter Maßnahmen unnötig einschränkt. Ein Teil der Förderung könnte schlicht als Amber-Box gemeldet werden, da hier durchaus noch Spielraum besteht. Einen Überblick über die Debatte gibt der Blogbeitrag von Norbert Röder auf CAP-Reform vom 02.03.2021. Insgesamt hängt von der Prämiengestaltung vieles ab und die Eco-Schemes können in Kombination mit den AUKM ein Erfolg werden oder die Probleme des Greenings fortsetzen. 
  • Schließlich fehlt noch die Programmierung der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen in der II. Säule, die von den Bundesländern durchgeführt wird und die entscheidend dazu beitragen wird, ob die GAP-Reform eine Verbesserung bringt oder nicht. Die Bundesländer haben die undankbare Aufgabe, die Maßnahmen so zu programmieren, dass sie an die bisherigen Maßnahmen anschlussfähig sind und andererseits zu den Eco-Schemes passen. Betriebsleiter ist es vermutlich gleichgültig, ob eine Maßnahme in der I. oder II. Säule angeboten wird, entscheidender ist, ob die Maßnahmen kombinierbar sind und ob unterschiedliche Verträge mit unterschiedlichen Vorgaben und Kontrollzeitpunkten geschlossen werden, so dass Maßnahmen einen hohen Verwaltungs- und Kontrollaufwand bedeuten. Zum Thema der Verwaltungsvereinfachung liegt seit 2019 vom Wissenschaftlichen Beirat beim BMEL ein Gutachten vor, das zumindest einige Vereinfachungen skizziert. Ich erwähne dieses Gutachten eigentlich in jedem zweiten Blogbeitrag in der Hoffnung, dass es bereits in den Ministerien gelesen und umgesetzt wird. Die Betriebsleiter würden sich über Vereinfachung mit Sicherheit freuen.

9. Fazit

Die Beschlüsse der AMK gehen in die richtige Richtung, aber die wichtigsten Details stehen noch nicht fest. Eigentlich ist der Beschluss ein Erfolg der grünen Agrarminister, die sich dieses Mal offenbar besser vorbereitet hatten. Allerdings haben auch andere Landwirtschaftsminister die Änderungswünsche unterstützt und den ambitionierteren Kurs unterstütztet. Mittelfristig muss sich zeigen, ob das BMEL und die Landesministerien aus dieser Vorlage etwas machen. Die Türe für eine ambitioniertere GAP offen, aber Bund und Länder müssen noch hindurchgehen.

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2 Antworten to “AMK-Beschlüsse: Ein Schritt in die richtige Richtung?”

  1. Friedrich Ostendorff Says:

    Ein Hektar, zwei Hektar, drei Hektar …… also ersten Hektar und nicht Hektare

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