Gestern Abend (20.10.2020) haben sowohl der Ministerrat als auch das Europäische Parlament ihre Position zur Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 festgelegt. Im folgenden Beitrag werde ich einige der beschlossenen Details herausgreifen und begründen, warum ich in den Beschlüssen keinen Fortschritt sehe, sondern eher einen Rückschritt. Es fehlt auf europäischer Ebene eine Vision der Landwirtschaft 2030. Die Agrarminister im Rat sind sich offensichtlich nicht einig über die Ziele und Prioritäten in der GAP, weshalb bei den Beschlüssen nur der kleinste gemeinsame Nenner und de fact ein „Business as Usual“ herauskommt. Aufgrund fehlender neuer Ziele fallen die Agrarminister man immer wieder in die alten Narrative „mehr Produktion“ und „Einkommenssicherung“ zurück, statt sich den dringenden Herausforderungen im Umweltbereich wie z.B. der zurückgehenden Biodiversität, dem fortschreitenden Klimawandel und den unregulierten Stoffflüssen zu stellen. Ähnliches gilt auch für die EU-Parlamentarier der großen Koalition von EVP, SD und Renew Europe. Aber hier gab es zumindest Widerspruch der Opposition, die eine Alternative formuliert. Es stellt sich insgesamt die Frage, ob die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in dieser Form überhaupt noch Sinn ergibt.
This post was written by Sebastian Lakner and Guy Pe’er (guy.peer@idiv.de)
In our first blogpost (link) we analyzed the EU Council’s conclusions under the German presidency, showing an attempt to introduce changes that can worsen the CAP’s environmental performance even beyond its current poor performance (2014-2020. See new European Court of Auditors‘ report here). But the Council’s conclusion is preliminary, and – who knows – might still change to the better or worse. Our second blogpost focuses on the political side, asking a) where are we standing now and why, b) what might be the role of the EU Parliament, and c) what might be the long-term implications if the CAP 2021-2027 ends up similar or worse than now.
This post was written by Sebastian Lakner and Guy Pe’er (guy.peer@idiv.de)
In the following, first blog-post in a series of three, we evaluate the Council conclusions of early September 3, 2020 against the current CAP (2014-2020), looking into some of the details that were released by the Germany presidency. Especially, some of the most important environmental criteria in the CAP-proposals of 2018 (e.g. GAEC 9 and Eco-schemes) seem to be largely disarmed, coming back to an even weaker version of Greening. The Council-conclusions have already been commented, e.g. by Alan Matthew or on Arc2020, however we will add to the debate by contrasting the Council conclusions with figures from the actual CAP-period. A lot of black smoke seems to hide an attempt to maintain or even expand the “errors” that have led to the failure of Greening and to the large-scale misspending of taxpayers’ money over the current funding period (Scown et al. 2020 in One Earth).
A second post will examine the policy process and its consequences for the CAP in the long run. We will discuss the role of the German presidency in trying to minimize conflicts with farm lobbies through setting a lowest possible denominator, instead of showing leadership in moderating an in-depth, balanced negotiation process.
A third post in the series will focus on solutions, such as a phasing-in-model for Eco-schemes that could resolve some of the problems (e.g. for Eastern Member States) and may aid compromise-finding.
The following post is written by Guy Pe’er & Sebastian Lakner
One common claim in the current public debate around European farming and the CAP post 2020, is that in light of global food security risk we cannot allow ourselves to take land away from production, that is, in favour of environmental protection. In the context of the COVID-19 crisis, we are also hearing that the crisis demonstrated the centrality of food security. In the following post, we show, that these arguments are „false narratives“ and we provide a number of arguments demonstrating lack of evidence to support these claims – and propose that these false food security narratives should best be aborted.
Weekly market supplying fruits and vegetables in Santiago de Chile
Im folgenden Meinungsbeitrag möchte ich fünf Hypothesen herausarbeiten, an welchen Stellen wir unter Umständen bereits aus dem bisherigen Verlauf der Corona-Krise und dem Lock-down etwas im Hinblick auf die Landwirtschaft und die Agrarpolitik lernen können. Die Diskussionen um die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Landwirtschaft laufen bereits einige Wochen, seit Mitte März gibt es etwas mehr Informationen, allerdings bleiben wichtige Fragen weiterhin mit großer Unsicherheit behaftet. Trotzdem will ich einige Hypothesen präsentieren und Faktoren herausarbeiten, die Einfluss der Corona-Krise auf die Landwirtschaft entscheidend sein werde.
Die Corona-Krise hat Deutschland Mitte März fest im Griff. Inzwischen sind viele Betriebe und Behörden geschlossen, viele Menschen arbeiten im Homeoffice. Die Ansteckungszahl liegt inzwischen (16.03.2020) bei knapp 7.200 und hat Steigerungsraten von ca. 25% in der ersten Märzhälfte (vgl. FAZ 18.03.2020). Inwieweit ist die Landwirtschaft von der Krise betroffen und welche Auswirkungen sind erwartbar? In meinem Blogbeitrag werde ich erste Überlegungen anstellen, die sich teilweise schon mit Beobachtungen decken. Der Zweck ist zunächst, Informationen zu den möglichen Auswirkungen auf die Produktion bereit zu stellen. Ich hoffe jedoch auch, dass andere Experten und Praktiker diesen Betrag ergänzen und ggf. auf weitere mögliche Probleme und Herausforderungen hinweisen.
Mein erstes, vorläufiges Fazit besteht darin, dass die Saisonarbeitskräfte vor allem im Obst- und Gemüsebau sowie in arbeitsintensiven Produktionszweigen eine große Herausforderung darstellen. Des weiteren gilt (was für andere Branchen bereits seit Tagen als Achillesferse identifiziert wurde), dass der internationale Handel und der Import von Agrargütern von großer Bedeutung für eine sichere Versorgung in Deutschland ist. Insgesamt erscheint mir die Agrarproduktion für 2020 v.a. im Ackerbau als eher ungefährdet. In der Landwirtschaft steuern wir wahrscheinlich auf eine zwar schwierige, aber machbare Situation zu. Lediglich die arbeitsintensiven Betriebszweige müssen sich auf größere Herausforderungen einstellen.
Der Hafen von Valparaiso in Chile: Wichtiger Umschlagplatz von Agrargütern
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche offenen Fragen und Schlussfolgerungen man sowohl für die Politik als auch für die Forschung ziehen kann. Wir haben in GAIA einen Artikel geschrieben, der im Dezember 2019 erschienen ist, in dem wir der Frage nachgehen, welche Schlüsse sich aus dem Insektenrückgang für eine politikrelevante Forschung ziehen lassen? Und welche Schlüsse lassen sich für die Agrarpolitik ziehen? Der Blogbeitrag versucht eine Systematisierung der Treiber und stellt einige Fragen zum Insektenschutz.
Im folgenden Beitrag werde ich einige ausgewählte Kernergebnisse aus unserem neuen Papier A greener path for the EU Common Agricultural Policy, das am 02 August 2019 in SCIENCE erschienen ist, auf deutsch zusammenfassen.
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) ist die größte europäische und weltweit eine der größten Agrarpolitiken, die mit jährlich ca. 55 Mrd. EUR bisher hauptsächlich auf Einkommens- und Produktivitätsziele sowie auf die Versorgungssicherheit ausgerichtet war. Seit 1992 wurden eine Serie von Reformen durchgeführt, die sehr viel mehr Umweltmaßnahmen in die GAP integrierten. Allerdings stagniert diese Entwicklung seit mindestens 10 Jahren. Die letzte GAP-Reform 2013 war zwar ambitioniert, allerdings erwies sich das Kernelement dieser Reform, das sog. „Greening“ als wenig effektiv, ineffizient und in der Praxis für viele Betriebe als kompliziert und schlecht umsetzbar. Wir bewerten in unserem Artikel den Reformvorschlag der EU-Kommission für die GAP nach 2020.
Blühfelder bei Germerode, am Hohen Meißner im Juni 2018 – eine Maßnahme, die nicht ausreichend über die GAP gefördert wird.
In einer Zusammenarbeit mit Claudia Seidel (Erstautorin) und Thomas Heckelei vom Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn haben wir 2015/16 die Konventionalisierung mit Hilfe eines Index untersucht, die Studie ist nun im Journal Sustainability erschienen. Die Datengrundlage für unsere Untersuchung sind Buchführungsdaten von Biobetrieben in Deutschland 2000-2009. Die Ergebnisse zeigen, dass man zwar für einzelne Betriebe Konventionalisierung zeigen kann, dass es aber für den gesamten Sektor keine allgemeine Tendenz zur Konventionalisierung gibt.
Ökolebensmittel in Plastik verpackt: Gesehen in einem Schweizer Supermarkt 2009
Der EU Agrarausschuss hat heute, am 2.April 2019 verschiedenen Anträge zur GAP-Reform nach 2020 abgestimmt und eine gemeinsame Position beschlossen. Der Ausschuss sieht in diesen Beschlüssen einen Beitrag zu einer „Gerechtere, einfachere und flexiblere GAP„.
Der Beschluss des EP Agrarausschusses ist zunächst nur eine Position des Fachausschusses, ein abschließendes Votum über den Reformvorschlag der EU Kommission im Plenum des Parlaments wird erst nach der Wahl am 26.Mai stattfinden. Die Position des Ausschuss ist insofern nicht bindend. (Hier ein Überblick über den Prozess). Trotzdem haben heute eine Mehrheit aus Europäischer Volkspartei, Teile der Sozialdemokraten und den Liberalen gezeigt, dass sie wenig von einer Umweltorientierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) halten. Der Vorschlag von Phil Hogan war von Beginn an eher auf „Business as Usual“ angelegt, aber die Änderungsanträge haben die letzte Luft aus dem ohnehin nicht sehr ambitionierten Vorschlag gelassen.